21.12.2016
Weihnachten begreifen – Wechsel der Perspektive eröffnet neue Zugänge
Alle Jahre anders
„Alle Jahre wieder“ gehört die Krippe in der Kirche dazu. Aber muss es immer genau dieselbe sein? In der Pfarrei St. Bartholomäus in Groß-Zimmern nicht. Dort gestaltet jedes Jahr eine andere Gruppe oder Familie die Krippe.Von Maria Weißenberger.
„Wenn die Familie mitmacht, sind wir dabei“, sagten im vergangenen Jahr Georg Blank und seine Frau Annemarie. Und die Familie machte mit: Sohn Thomas und seine Freundin Anna, Tochter Meike mit ihrem Mann Benedikt, Tochter Kathrin – sogar die zweijährige Enkelin Annika stürzte sich begeistert in das Projekt. „Sie hat mit großem Eifer die Figuren geputzt“, sagt Georg Blank lachend. „Es hat uns allen gut getan, sich mal so ganz anders auf Weihnachten vorzubereiten“, meint der Pastoralreferent, der als Religionslehrer an der Martin-Behaim-Schule, einer Beruflichen Schule in Darmstadt, tätig ist.
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Krippe in Groß-Zimmern, Foto: Georg Blankt |
Mehr als 100 Bibeln eingesetzt
„Und das Wort ist Fleisch geworden“: Die Idee, diesen Satz aus dem Johannes-Evangelium (Kapitel 1, Vers 14) zum Thema zu machen, hatte Annemarie Blank. Da lag es nahe, eine „Bibelkrippe“ zu gestalten: mit einem Fundament aus Bibeln, mit Sternen aus den losen Seiten alter, viel gelesener Bibeln, mit einem Weg aus Bibeln, auf dem die drei Weisen zur Krippe kamen. Zwischen 100 und 150 Bibeln kamen zum Einsatz – Schulbibeln, die Blank ausleihen konnte, Exemplaren, die ein Kollege von der Berufsbildenden Schule in Dieburg beisteuerte, einer Kiste voll Bibeln, die der evangelische Pfarrer herbeischleppte. Auch Pfarrer Christian Rauch von St. Bartholomäus beteiligte sich, als er von der Idee „Wind bekam“. Wo die Krippe aufgebaut würde, war schnell klar: direkt am Ambo, dem „Tisch des Wortes“. „Für mich war es eine schöne Erfahrung, mal wieder außerhalb schulischer Zusammenhänge Theologie zu betreiben“, erzählt Georg Blank, der auch Texte zur Idee der „Bibelkrippe“ verfasst hat. „Unser Faltblatt war rasend schnell vergriffen, viele haben es gern gelesen“, erinnert er sich. Und natürlich wurde laufend für Nachschub gesorgt.
Den Gedanken, dass die Krippe von immer anderen Familien oder Gruppen gestaltet werden könnte, hatte Pfarrer Christian Rauch. Das Team, das sich um die Krippe kümmerte, war älter geworden, die Arbeit fiel den Menschen zusehends schwerer. Also eine Notlösung? Keineswegs: Jedes Jahr eine andere Perspektive, eine bewusste „Verheutigung“ erlebt der Pfarrer als fruchtbar für die ganze Gemeinde. „Menschen aus der Gemeinde teilen jedes Jahr ihren Blick auf Weihnachten mit uns“, sagt er. So hätten vor zwei Jahren die indischen Ordensschwestern die Flüchtlinge in den Blick gerückt, indem sie unter anderem ein Boot in ihre Krippenlandschaft integrierten. Wo genau die Krippe platziert wird, dabei lässt der Pfarrer den Gestaltern völlig freie Hand. „Wichtig ist mir, dass man die Krippe auch in den Gottesdiensten immer sieht.“
„Wir haben ein Kind dabei – möchten Sie es sehen?“
Diesmal haben sich zwei Familien des Familienkreises bereit erklärt, die Krippe zu gestalten. „Jesus ist in unsere Mitte gekommen“, heißt ihr Thema. Was der Pfarrer erzählt, macht neugierig: „Sie haben das Jesuskind aus der Krippe in ein Körbchen gelegt und sind damit zu Supermärkten und anderen öffentlichen Orten gegangen.“ Dort haben sie die Menschen angesprochen: „Wir haben ein Kind dabei – möchten Sie es mal sehen?“ Die Leute hätten durchweg positiv reagiert, sich auch auf die Idee eingelassen, sich mit diesem Kind fotografieren zu lassen.
„Das Ergebnis wird eine Krippenlandschaft mit vielen großen Fotowürfeln“, verrät Pfarrer Rauch. Eine Landschaft, die sich vom Altarraum über die Stufen bis ins Kirchenschiff erstreckt. Jesus kommt zu den Menschen ...