27.04.2016
Georg Roessler lebt als Geschichte(n)erzähler im Heiligen Land – und organisiert Pilgerreisen
Der mit den zwei Narrativen
Die einen sagen so, die anderen sagen so … Für Georg Roessler ist das alles andere als eine Floskel. Er erfährt es täglich in Israel und Palästina: Jeder hat hier seinen ganz eigenen Blick auf die Welt. Von Johannes Becher.
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Georg Roessler erklärt, hinterfragt, provoziert, bringt einen zum Lachen … und erzählt wunderbar(e) Geschichte(n). Foto: kna-bild |
„Georg war ein fürchterlicher Schüler. Mit einem Magisterabschluss in Jüdischen Wissenschaften, Theologie und etwas Jura für den guten Eindruck wurde es darum später sein Hauptanliegen, Lernen schmerzfrei zu gestalten – und so kam er in die Touristikbranche ...“
So frisch und humorig stellt sich Georg Roessler dem Besucher auf der Internetseite seines Reiseunternehmens SK-Tours vor. „Lernen schmerzfrei“: Das könnte man bei diesem Geschichte(n)-Erzähler auch „Theologie im Gehen“ nennen.
Wenn Jona – befreit aus dem Walfisch – plötzlich den Franzosen in Paris die Umkehr predigt, wenn in der Wüste überraschend „die Parkbank für den ersten Kuss“ steht, wenn dich schon vor Sonnenaufgang einer fragt, „wofür du brennst“, dann ist der Heilig-Land-Pilger mit Georg Roessler unterwegs. Seine Erzählstunden sind Volkshochschule mobil. Und abends hilft er beim Hefeweizen beim Sortieren des Wissens.
„Wer in Jerusalem lebt, kann sich nur schwer dem Thema jüdisch-arabische Beziehungen entziehen.“ Alltagsweisheit? Für Georg Roessler gewiss keine belanglose: Über einige Jahre war er, der seit 1988 in Israel lebt, mit seiner Familie engagiert im Rahmen der jüdisch-arabischen „Hand-in-Hand“-Schule in Jerusalem. Dort können jüdische und arabische Kinder gleichberechtigt lernen. Seit mehr als zehn Jahren engagiert er sich in Workshops und Vorträgen gegen körperliche und seelische Gewalt.
Diese „faire“ Grundhaltung prägt seine Sicht auf den israelisch-palästinensischen Konflikt. Diese Haltung prägt auch sein wirtschaftliches Denken.
Im Konflikt rät er den Pilgern dringend davon ab, Partei zu ergreifen. Wer bei der Abreise aus Israel mehr Fragen habe als zuvor, der könne schon etwas verstanden haben. Roessler meint, die Herausforderung für den Reisenden sei es, „einen üblen Spagat auszuhalten“. Nicht „gute Indianer, böse Cowboys“. Roessler spricht lieber von den verschiedenen „Narrativen“: Jeder hier erzählt seine Geschichte, sieht die Welt mit den eigenen Interessen.
Roesslers Art zu wirtschaften? Nachhaltig. Mit seinem Tourismus versucht er, die Menschen in der Region einzubeziehen. Kein Wunder, dass er „Fair Travel“ (faires Reisen) gegründet hat. Gemeinsam mit seinem Freund Burkhard Schunkert. Der stammt auch aus Deutschland und leitet „Lifegate“, die größte Behinderteneinrichtung im Palästinensergebiet. Ziel des gemeinsamen Unternehmertums: „Beiden Völkern – Israelis und Palästinensern – die Gelegenheit zu geben, ihr Land vorzustellen.“ Es sei „die Kraft des kleinen Anfangs“.
Georg Roesslers Pilgern ist auch sonst anders: langsam. Am liebsten zu Fuß. Weil Pilgern doch „ein wochenlanger Prozess“ sei. „Nur in das Heilige Land kommen die Pilger heute über Nacht.“ Für eine Reise nach Jerusalem wirbt der Reiseveranstalter zuerst und zuletzt, weil es um „eine persönliche Audienz beim Herrgott“ geht. Wer neben dem „Herrgott“ dort auch Georg Roessler trifft, der hat einen Schritt ins Reiseparadies getan.
Mit der Kirchenzeitung ins Heilige Land
SK-Tours ist unser Partner für Leserreisen ins Heilige Land.
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Weitere Leserreisen finden Sie hier.
SK-Tours in Nature, Jerusalem: Telefon 00 972 / 2 / 6 72 60 95
www.sktours.net
Zitiert: „Jerusalem ist ein sicherer Ort“
Sieben Satzanfänge,
sieben „Vollendungen“.
Georg Roessler antwortet:
Jerusalem ist meine Stadt…,
„weil sich hier alle existentiellen Fragen des Lebens an einem Ort verdichten. Es ist die Giftküche Gottes“.
Derzeit ist Jerusalem für Touristen …
„ein sicherer Ort – wie übrigens auch schon über die letzten 70 Jahre“.
An der Berichterstattung deutscher Medien über Israel und Palästina ärgert mich …
„die Vorstellung, als müsse den Menschen vor Ort nur von klugen Gutmenschen gezeigt werden, wie sie es anders und richtig machen sollten, dann wären alle Probleme auch zu lösen“.
Der Schlüssel für eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung in Israel und Palästina liegt …
„allein in den Händen von Saudi-Arabien und dem Iran. Solange diese beiden miteinander in der Region (und der Welt) um eine Hegemonial-Vorherrschaft ringen, sind die Staaten und Völker vor Ort nur Marionetten, die keine unabhängigen und für sie gute Entscheidungen treffen können“.
Die Religionen hier im Land …
„werden sich nur bekämpfen, solange sie als Instrumente politischer Interessen missbraucht werden“.
Ein Satz, der über Israelis mal gesagt werden muss:
„Ein Volk, dessen Name ‚Er kämpfte mit Gott‘ (Israel) lautet, kennt keine Grenzen in seinem Denken und in seiner Kreativität. Sicherlich das spannendste Volk der Welt!“
Ein Satz, der über Palästinenser mal gesagt werden muss:
„Die Palästinenser sind eine einzigartige Brücke zwischen Orient und Okzident. Sie bedeuten die größte Hoffnung für die arabische Welt!“
(Satzanfänge: job)