12.09.2016
Deutsche Handwerksschüler restaurieren Vatikan-Friedhof
Die Michelangelos von morgen
Staub, Sonne, Pflanzen und die Besucher setzen dem Campo Santo Teutonico im Vatikan zu. Deutsche Handwerksschüler restaurieren nun die Grabsteine.
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21 deutsche Handwerksschüler aus München restaurieren die Grabsteine auf dem Campo Santo Teutonico. Foto: kna-bild |
Der Campo Santo Teutonico, der Friedhof der deutsch- und flämischsprachigen Länder neben dem Petersdom im Vatikan, ist eine Oase des Friedens und der Stille - normalerweise. An diesem Morgen jedoch ist leises Geschabe zu hören; an einer Ecke wird Mörtel angerührt, an der anderen fleißig gepinselt: Restauratoren sind am Werk. Aktuell verschönern insgesamt 21 deutsche Steinmetze, Maurer, Bildhauer und Bautechniker den Friedhof. Die Gruppe vom Städtischen Berufsschulzentrum für das Bau- und Kunsthandwerk in München reinigt unter anderem Gräber und erneuert Inschriften auf dem Campo Santo Teutonico.
Diese Arbeiten haben es in sich, erklärt Robert Klier, Lehrer der Fachschule für Bautechnik. Das, was den Campo Santo unter anderem besonders macht - dass er wie eine grüne Oase mit Palmen und Akanthusblättern neben dem Petersom liegt - das macht den Schülern zu schaffen: Kapern, Oleander und anderes Grünzeug wachsen teilweise regelrecht in die Grabsteine ein. "Fürs Bauwerk ist das pures Gift", sagt Klier ernst.
Dazu noch der Straßenstaub Roms, der auch auf dem Campo Santo weißen Marmor grau und schwarz färbt. Es wäre schön, man könnte einfach mit einem Sandstrahlreiniger die Marmorplatten freispritzen. Das ginge zwar schnell, würde aber die Gräber zu sehr schädigen. Deshalb musste die Münchner Gruppe erst mal Äste entfernen und in mühevoller und vorsichtiger Handarbeit putzen - ohne Chemikalien. "Ganz klassisch mit viel Wasser, einer Bürste und Kernseife", erklärt Klier. Nach den Vorarbeiten, die in den ersten Tagen der einwöchigen Arbeiten auf dem Campo Santo anstanden, geht es am Ende an die Feinarbeit.
"Eine ruhige Hand und viel Konzentration"
Mit einem feinen Pinsel zieht Steinmetzschülerin Verena Eisl aus dem oberbayerischen Markt Schwaben gerade eine eingemeißelte Inschrift mit dunkler Farbe nach. "Man braucht eine ruhige Hand und viel Konzentration", erklärt die 28-Jährige, während sie zuerst die Konturen eines Buchstabens zeichnet und dann das Innere ausmalt - "damit die Farbe möglichst nicht darüber hinausfließt". Sollte doch etwas danebengehen, steht die 26-jährige Verena-Christina-Theresa Stuhlreiter aus der Nähe von Traunstein bereit: Die blonde Holzbildhauerin geht mit einem speziellen Gerät aus Eisen - "quasi dem Steinmetzradiergummi" - die Linien nach und entfernt Überschüsse.
Die Spezialfarbe ohne Öl, die zu einem dunklen Anthrazit-Ton gemischt wird, hält mit Glück vier bis fünf Jahre - an den Wänden. Denn der Campo Santo ist auch auf dem Boden nahezu mit Grabplatten gepflastert - "die leiden natürlich, wenn da Leute drüber gehen", so Klier. Aber auch die Sonne bleicht die Farben aus. Arbeit für die Schüler - und Schülerinnen, vier Frauen sind insgesamt im Team - gibt es jedenfalls genug.
"Ein riesiges Geschenk"
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Seit zehn Jahren besteht die Kooperation zwischen dem Friedhof und der Münchner Schule. Foto: kna-bild |
Bereits seit zehn Jahren besteht die Kooperation des Friedhofs mit der Münchner Schule, Steinmetzlehrer Clemens Sohmen initiierte das Projekt damals, das mit EU-Geldern aus dem Erasmus-Programm finanziert wird und neben dem Campo Santo auch mit dem "Cimitero acattolico" kooperiert, dem "nichtkatholischen Friedhof" in Rom. Für den Rektor des deutschsprachigen Priesterkollegs am Campo Santo, Hans-Peter Fischer, ist die Aktion ein "riesiges Geschenk".
Nicht nur Schriften nachziehen, sondern selbst Skulpturen schaffen. Dieses Ziel haben sicher einige der Steinmetze hier. "Aber nicht jeder hat das Zeug zum Bildhauer", macht der 74-jährige Steinbildhauer Franz Seidl klar. Er schuf das Marmorwappen von Papst Benedikt XVI. auf dem Campo Santo. "Nach 60 Jahren Erfahrung im Beruf fühle ich mich jetzt in der Lage, auch eine fünf Meter hohe Skulptur zu machen - nur lassen meine Kräfte nach", sagt er. Dafür gibt Seidl den Schülern jetzt praktische Tipps.
Die Handwerker lernen aber nicht nur durch die praktische Arbeit. Der zweite Teil ihres 14-tägigen Rom-Aufenthalts ist Exkursionen gewidmet. Natürlich steht da auch die berühmte Marmorskulptur Michelangelos, die Pieta, gleich nebenan im Petersdom auf dem Programm. Und wer weiß: Vielleicht ist unter den Schülern von heute ja doch der ein oder andere "Michelangelo" von morgen.
kna