02.12.2015

Thema: Heiliges Jahr im Bistum Mainz

Ein kleiner Schritt durch die Pforte

Was am 8. Dezember begonnen hat, ist kein Heiliges Jahr wie jedes andere. Erstmals gibt es nicht nur Heilige Pforten in Rom, sondern auch in den Diözesen viele Tore, die sich öffnen. Von Anja Weiffen.

 

Pafrrer Lerchl und Daniela Mohr-Braun Foto: Anja Weiffen
Daniela Mohr-Braun und Pfarrer Markus Lerchl – die Beauftragten für das
Heilige Jahr – an der Tür zur Gotthard-Kapelle im Mainzer Dom. Das Portal zu
dem Gebetsraum ist eine der Heiligen Pforten. Foto: Anja Weiffen

Markus Lerchl legt die Hand auf die Klinke und öffnet langsam die Tür. Ihm gegenüber steht Dr. Daniela Mohr-Braun. Die beiden sind die Beauftragten für das „Heilige Jahr der Barmherzigkeit“ im Bistum Mainz. Für ein Foto haben sich der Pfarrer und die Pastoralreferentin im Mainzer Dom in das Portal zur Gotthard-Kapelle gestellt: in die Heilige Pforte.

Dieses Portal war der ursprüngliche Eingang des Heilig-Geist-Hospitals in der Mainzer Altstadt. Das Tor des mittelalterlichen Krankenhauses wurde 1860 in die Kathedrale überführt. In Worms wird das Südportal des Doms als Heilige Pforte geöffnet.

„Es geht in diesem Jahr nicht um große Leistungen“
Daniela Mohr-Braun

Beim Durchschreiten dieser Pforten gibt es keinen Stempel im Pilgerbuch, keinen Segen. „Es soll vielmehr einen inneren Vorgang erfahrbar machen“, erklärt Pfarrer Lerchl. „Die offenen Pforten sind ein äußeres Zeichen dafür, dass Gottes Tür immer offen steht. Im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit heißt das: Gott vergibt die Schuld immer, wo Menschen diese Vergebung erbitten.“ In allen Diözesen weltweit gibt es während dieses besonderen Jahres Heilige Pforten. Darüber hinaus hat Papst Franziskus darauf hingewiesen, dass jede Tür eines Krankenzimmers, sogar einer Gefängniszelle eine Heilige Pforte sein kann: „denn die Barmherzigkeit Gottes, die in der Lage ist, die Herzen zu verwandeln, kann auch die Gitter in eine Erfahrung der Freiheit verwandeln“, sagt der Papst.

Daniela Mohr-Braun sagt hierzu: „Es geht in diesem Jahr nicht um große Leistungen, sondern um kleine Schritte der Umkehr und eines Neuanfangs. Und das kann überall geschehen, wenn die Türe in unserem eigenen Inneren aufgeht.“ Die offenen Türen seien zudem eine Aussage über die Kirche: „Jeder ist willkommen, gerade auch mit den Brüchen im Leben“, sagt Markus Lerchl. Das Sakrament der Versöhnung, die Beichte kann dabei eine besondere Rolle spielen, um zu erfahren: „Gott möchte neu mit mir beginnen. Er möchte innere Heilung und Frieden schenken.“

Wer sich so von Gott berühren lässt in der eigenen Not, ist herausgefordert, anderen Menschen in Not großherzig zu begegnen: „Indem wir die Barmherzigkeit Gottes betrachten, sollen wir selbst Barmherzigkeit leben.“ Deshalb ruft Papst Franziskus zur Barmherzigkeit mit allen Menschen auf, die durch Kriege und Flucht, durch Armut und Trauer auf Hilfe angewiesen sind.

Hier kommen die „Werke der Barmherzigkeit“ ins Spiel (siehe „Stichwort“). „Sie sind ein Kriterium für die Glaubwürdigkeit der Kirche“, meint Lerchl. „Dabei ist nicht alles von jedem gefordert“, erläutert Daniela Mohr-Braun. Wie bei den Charismen gebe es individuelle Zugänge. Es ist legitim, eine Auswahl zu treffen“, sagt die Pastoralreferentin. „Wenn ich bereits kranke Angehörige pflege, kann ich mir nicht zusätzliche Päckchen aufladen. Aber vielleicht kann ich in diesem Jahr das, was ich schon tue, mit mehr Freude angehen.“

Vieles sei unspektakulär, wie etwa die Trauernden zu trösten, ergänzt Lerchl. „Und für manches brauche ich Mut: etwa die Unwissenden zu lehren und die Sünder zurechtzuweisen. Wir sind oft gar nicht gewohnt, offen die Meinung zu sagen. So geht es in diesem Jahr auch um eine neue Gesprächskultur, denn wir sind für die anderen mitverantwortlich.“

 

Öffnung der Heiligen Pforte im Mainzer Dom am dritten Advent in der Terz ab 9.35 Uhr.
Öffnung der Heiligen Pforte im Wormser Dom am vierten Advent in einer Vesper um 16.30 Uhr.

 

Stichwort: Die Werke der Barmherzigkeit

Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit:

  • Hungrige speisen
  • Durstigen zu trinken geben
  • Nackte bekleiden
  • Fremde beherbergen
  • Kranke besuchen
  • sich um Gefangene sorgen
  • Tote in Würde verabschieden

Die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit:

  • Unwissende lehren
  • Zweiflern raten
  • Trauernde trösten
  • Sünder zurechtweisen
  • jenen, die Leid zufügen, verzeihen
  • Lästige ertragen
  • für alle beten

 

Zur Sache: Geistliche Akzente

  • Aktion „24 Stunden für Gott“: am 4. März von 18 Uhr bis zum 5. März um 19 Uhr in der Seminarkirche, Augustinerstraße 34, Mainz.
  • Nacht der Offenen Kirchen in Mainz am 9. September: Besondere Gestaltung des Doms zum Thema „Barmherzigkeit“.
  • Exerzitien im Alltag zur Barmherzigkeit: als Heft ab Mitte Januar erhältlich beim Kardinal-Volk-Haus Bingen, Telefon 0 67 21 / 1 85 75 11