22.11.2013
Leserreise auf den Spuren Jesu
Er war hier
"Nach der Tradition“ hat Jesus hier gelebt, hat gepredigt, gelitten und ist auferstanden. „Es ist nicht wichtig“, sagt Ernst König, „ob das 50 Meter weiter südlich oder 300 Meter weiter im Osten war. Es war hier.“ „Die Tradition“ und Ernst König begleiten die Reisegruppe der Kirchenzeitung in Israel und Palästina. Leserreise auf den Spuren Jesu. Von Johannes Becher
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Für viele deutschsprachige Reisegruppen in Israel ist der König ein Kaiser. Der Österreicher lebt seit mehr als 40 Jahren in einem Kibbuz am See Gennesaret und wandert mit Gruppen auf den Spuren Jesu und durch die christliche Geschichte. Seine Spezialität: die Kreuzfahrerzeit.
Erich König trägt die Nummer 6035. In Israel haben fast 13 000 Menschen die Ausbildung zum Fremdenführer gemacht. Viele Einheimische nur deshalb, erzählt Erich König, um ihre Heimat besser kennenzulernen. 2000 ausgebildete Fremdenführer sind mit Gruppen unterwegs.
Wo Jesus wirklich war – in Kafarnaum
„Nach der Tradition.“ Ernst König kennt nur wenige Orte, „wo wir sicher sind, dass Jesus genau dort war“. Einer davon ist Kafar-naum in Galiläa. Die Forschungen der Franziskaner hätten bestätigt, dass Jesus sich hier häufig aufgehalten habe. Im Haus des Petrus. Über diesem Ort haben die Franziskaner – wie an vielen anderen Stellen im Land – eine Kirche gebaut.
An vielen Stationen begegnen die Reisenden den jüdischen Wurzeln ihres christlichen Glaubens: „Gepriesen bist du, Herr unser Gott, Schöpfer der Welt.“ Das Gebet zur Gabenbereitung in der Eucharistiefeier der Benediktiner in der Brotvermehrungskirche von Tabgha stammt aus der Liturgie des jüdischen Pessach-Festes. An vielen Orten erinnert eine Stelle aus dem Neuen Testament an Geschichten aus der jüdischen Bibel. Da ist zum Beispiel die Heilung des Lahmen am Teich von Betesda (Johannes 5, 1 bis 9)). Und jene des Blinden am Teich Schiloach (Johannes 9,1 bis 41). Lahme und Blinde. Wenn der Messias kommt, muss die Stadt von ihnen frei sein. Rein werden. David, der König, ließ sie – nach der Erzählung im Buch Samuel – einfach umbringen. Jesus heilt sie. „Steh auf und geh!“ Derselbe Auftrag, eine völlig andere Hinwendung zu den Menschen.
Bei Nikodemus Schnabel, der aus Fulda stammt
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In der Dormitio-Abtei wird Deutsch |
„Die Tradition“ auch auf dem Berg Zion. Ort des Letzten Abendmahls, des Pfingstereignisses, der Himmelfahrt Mariens …
Gottesdienst in der Dormitio-Abtei. Hier wird Deutsch gesprochen – auch, wenn die Mönche aus verschiedenen Ländern kommen. Pater Nikodemus Schnabel stammt aus Fulda. Gerade war er dort zu Besuch – zur Feier seiner Primiz. In der Abtei und im Heiligen Land ist er vielfältig aktiv: als Leiter des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft, als Dozent im Theologischen Studienjahr, als christlicher Repräsentant in vielen Gesprächskreisen mit Religionsvertretern oder politischen Gruppierungen. Sein besonderes Anliegen: die Liturgie und die Heiligen des Alten Bundes. Kein Wunder also, dass in seinem Primizsegen erinnert wird an Abel und Abraham, an Sarah und Jakob, aber eben auch an die Fuldaer Bistumsheiligen Bonifatius und Elisabeth. Jüdisch-christliche Brückengeschichten.
Der Gruppe erklärt Pater Nikodemus im Gespräch ein wenig die religiöse Welt im Heiligen Land. Hier könne man nicht sagen: „Kennst du einen, kennst du alle.“ Im Gegenteil. Auch unter den jüdischen Gruppierungen gebe es viele Schattierungen: national-religiöse, orthodoxe, liberale, säkulare …
Nicht zu vergessen die islamischen Glaubensrichtungen. Deshalb müsse das Gespräch immer ein Trialog sein: Christen sprechen mit Juden und Muslimen; und nicht zuletzt auch untereinander. Denn wie sehr die christlichen Konfessionen miteinander um ihren Platz im Heiligen Land ringen, ist besonders augenfällig für alle in der Auferstehungskirche. Zwei Prozent der Menschen im Land sind Christen. In 50 Konfessionen.
„Zwischen allen Stühlen ist unser Platz“
Trotz aller Kontroversen und Konflikte sagt Pater Nikodemus: „Ich liebe Jerusalem. Es ist unheimlich schön.“ Es geht ihm um die Gottsuche im Gebet und darum, Solidarität zu zeigen, mit den Christen im Land. Und für wen ergreift er hier Partei? „Pro Mensch“, ist seine Antwort. Und: „Zwischen allen Stühlen ist unser Platz.“ Und zum Abschied sagt er: „Das Schlimmste wäre es, wenn Sie nach Hause fahren und glauben, Sie hätten verstanden.“