01.08.2016
Das Märchenfrühstück erinnert an die Märchen der Brüder Grimm und ist Schmaus für Augen und Magen
"Es war ein Mahl"
Märchen mit allen Sinnen entdecken: Diesen Sommer führt die Kirchenzeitung Sie an zauberhafte Orte. Sie können Märchen und Sagen auf dem Sofa genießen und Ideen für Ausflüge bekommen. Diesmal: Schmecken Sie Frau Holles Apfelkrapfen und den Ziegenkäse der sieben Geißlein. Von Bernhard Perrefort.
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Das Team vom Märchenfrühstück. Foto: Bernhard Perrefort |
Die junge Frau mit langen blonden Haaren und einem goldigen Samtkleid, das Goldmariechen, geleitet mich zu meinem Platz. Andere Gäste an diesem Sonntagmorgen werden von Hexe, Fee, Dornröschen und dem gestiefelten Kater zu ihren Tischen geführt, die eingedeckt sind mit edlen weißen Decken für zwei, vier, acht oder mehr Personen.
Dazu passen die mit Hussen überzogenen Stühle. Leise Hintergrundmusik unterstreicht das festliche Ambiente. „Wie bei einer Hochzeit“ höre ich eine Frau sagen. Stimmt, vielleicht sogar wie bei einer königlichen Hochzeit aus einem Märchen, das mit „Es war einmal …“ beginnt.
„Tischlein deck dich“ wird real
Später werde ich sagen: „Es war ein Mahl!“ Und was für eins. Fast wie aus einer anderen Zeit. In Märchen wird oft vom Gegensatz zwischen arm und reich erzählt. Das Essen weist auf den gesellschaftlichen Stand hin. Diese Vielfalt möchte das Landhotel Kern in Bad Zwesten mit seinem Angebot eines warm-kalten Märchenfrühstücks zeigen: Einerseits vielfältig und reichhaltig, wie es in Herrscherhäusern üblich war. Aber auch einfach, wie bei den kleinen Leuten in den Erzählungen. Das liebevoll zubereitete Buffet ist mit Kerzen, roten Äpfeln, silbernen Vögelchen, Röschen, Fröschen, goldenen Kronen und Märchenszenen dekoriert.
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Brot mit Schinken auf Holzbrettchen. Foto: Bernhard Perrefort |
Die Speisen sind mit Zutaten aus der Grimm-Heimat Nordhessen zubereitet. Zu „Rotkäppchen und der böse Wolf“ gibt es einen lockeren Rotweinkuchen in Anspielung auf das Geschenk des Mädchens für ihre Oma. Schmeckt wie von Muttern gebacken. Die Ziegenfrischkäsecreme mit heimischen Kräutern und das bissig-gepfefferte Sauerteigbrot gehören zu „Der Wolf und die sieben Geißlein“. Da bedarf es fast nicht des Schilds mit einer Passage aus dem Märchen, das erläuternd dazu gestellt ist. Und zum Märchen „Der süße Brei“, das von einem Topf handelt, der immerzu Brei weiterkocht, kann sich jeder Grießbrei mit Kirschen nehmen. Erinnerungen an meine Kindheit werden wach.
Lesung beim Märchenfrühstück
Zu welchem Märchen gehören Würstchen im Pelz und Speck? Das passt in den Kellerwald, urig-derb eben, positiv gemeint. Dieses Gericht gehört zum „Daumesdick“, der den Wolf mit der Aussicht auf einen „herrlichen Fraß“ überzeugt, von ihm abzulassen und ihn nicht zu fressen.
„Tischlein deck dich“ heißt ein anderes Märchen und ist auch Motto des Büffets: Hexe, Fee, Goldmariechen und gestiefelter Kater sorgen stets für Nachschub beim Essensangebot. Gewiss mangelte es den Gästen auf manch rauschendem Fest in Grimm-Märchen auch nicht daran.
Und falls doch: Dann gibt es ja noch die Bauernschläue von Untertanen. Wie zum Beispiel „Das kluge Gretel“. Mit ihrer Klugheit gelingt es der einfachen Haushälterin, Menschen höheren Standes reinzulegen und es sich gut gehen zu lassen. Ihre Geschichte liest die Geschäftsführerin des Landhotels, Sybille Kern, vor. Gretel sollte für einen Gast des Bauern zwei Hühner grillen. Da der Gast nicht kam, wollte ihn der Hausherr abholen. Währenddessen genehmigte sich Gretel, wie sie es verbotener Weise oft tat, im Keller einen ordentlichen Schluck Wein. Beim Anblick und Duft der gegrillten Köstlichkeit konnte sie nicht widerstehen. Ihr eigenes Gewissen beruhigte sie damit, dass sie das Geflügel probieren müsse, bevor es serviert würde. „Außerdem sei es Sünd und Schand, wenn man es nicht sofort isst.“ Sie schnitt zuerst einen, dann den zweiten Flügel ab. So ging es weiter, bis nichts mehr übrig blieb. „Was dem einen recht ist, ist dem andern billig“, und da die zwei Hühner ja auch zusammengehörten, fing sie gleich noch mit dem zweiten Huhn an.
Furcht vor abgeschnittenen Ohren
Als ihr Herr zurückkam, setzte er sich sofort voller Vorfreude auf das köstliche Mahl Messer wetzend an den gedeckten Tisch. Kurz nach ihm erschien der Gast. Gretel beschied ihm, leise zu sein: Der Herr hat euch zwar eingeladen, hat aber nichts anderes im Sinn, als euch die Ohren abzuschneiden. Hört, wie er die Messer wetzt.“ Sofort lief der Gast weg. Und zum Herrn sagte sie, was für ein schlimmer Gast er gewesen sei. Er habe die Hühner an sich gerissen und sei fortgelaufen. Der Bauer rannte ihm mit den Messern nach und schrie: „Wenigstens eins“ und meinte damit ein Huhn und der Gast lief noch schneller fort. An „Gretels Hühnerstation“ beim Märchenfrühstück gibt es auch nach dieser Lesung noch so allerhand vom Huhn – gekochte Eier, Rührei oder frittiertes Geflügelfleisch. Und auch am himmlischen Apfelkrapfen zu „Frau Holle“ kann sich der verwöhnte Gaumen erfreuen. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt. Märchenhaft.
Weitere Informationen: www.landhotel-kern.de
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