26.02.2016
Prekarius feiert am 29. Februar
Heiliger im Schaltjahr
Der heilige Prekarius taucht im offiziellen Heiligenkalender nicht auf, doch alle vier Jahre, am 29. Februar, erinnert er an Menschen in prekären Jobs und mit schlechten Arbeitsbedingungen.
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Alle vier Jahre taucht Prekarius auf: Sein Tag ist der 29. Februar. Foto: kna-bild |
Wenn die Heiligenfigur Zug fährt, braucht sie ein eigenes Ticket. Und die Post transportiert die Holzskulptur erst gar nicht - es ist ein Unikat. Dabei ist die Logistik-Branche durchaus ein Wirkungsfeld für Prekarius. Denn der virtuelle Heilige, der in keinem offiziellen Heiligenkalender der katholischen Kirche auftaucht, ist der Schutzpatron all jener Menschen, die unter schlechten Arbeitsbedingungen leiden. So wenig sicher wie Jobs sind, so prekär ist dann auch der Gedenktag: Nur all vier Jahre kann der Heilige am 29. Februar gefeiert werden.
"Mit dem Heiligen sagen wir auf eine humorvolle Art und Weise: Da ist jemand für Euch da", sagt der Landessekretär der Christlichen Arbeitnehmer-Jugend (CAJ), Thomas Steger. Vor etwa neun Jahren sei der virtuelle Heilige nach Bayern gekommen. Markus Schmitt, Bildhauer und CAJ-Mitglied aus Aschaffenburg, hat die etwa einen halben Meter hohe Holzfigur geschaffen. Seitdem ist sie - ohne Zug und Post - in Bayern unterwegs, oft mit dem für die Branche passenden Werkzeug in der Hand: ein Besen, ein Hammer oder auch mal Rohre oder größere Nägel - die Skulptur ist multifunktional.
Zuvor schon war er Anfang des Jahrtausends als Heilige Prekaria auf globalisierungskritischen Demonstrationen in Italien, später als Mann auch in Österreich präsent. Abgeleitet ist der Name von Begriffen wie "prekär", von lateinisch "precario" für "vorläufig, ohne Garantie" - eine Beschreibung, die auf immer mehr Beschäftigungsverhältnisse zutrifft.
Es geht um Leiharbeit und fehlende Tarifverträge
Der Präses der CAJ, der Augsburger Betriebsseelsorger Erwin Helmer, kann auch für Deutschland auf eine lange Liste von Einsatzorten verweisen. Darauf steht etwa die mittlerweile verschwundene Drogeriekette Schlecker, ebenso das ehemals katholische Verlagsunternehmen Weltbild oder aktuell der Online-Versandhändler Amazon. Es geht um Leiharbeit oder die Ablehnung von Tarifverträgen, wenn der "virtuelle oder komische Heilige" zum Einsatz kommt, wie Helmer berichtet.
Da steht dann Prekarius schon einmal vor einem Arbeitsgericht, wenn im Gebäude über die Zukunft von Beschäftigten verhandelt wird, wie Helmer erzählt. In Augsburg etwa habe ein Arbeitsrichter dann sogar in seiner Freizeit nach Prekarius gesucht, diesen aber im Internet nicht gefunden. Die Frage, was für eine Figur das nun sei, hätten ihm dann die katholischen Kämpfer für Arbeitnehmerrechte beantwortet, so der CAJ-Präses.
Dabei geht es beim heiligen Prekarius nicht um Einzelfälle. Der CAJ-Landessekretär etwa spricht über die Chancen von Mittelschülern. Es habe eine Verschiebung gegeben. Ausbildungsplätze würden zunehmend von Realschülern oder Abiturienten besetzt. Helmer wiederum nennt die Lage bei den Werkverträgen. Diese betreffe ebenso wie Befristungen vor allem Arbeitnehmer unter 30 Jahren. Deren Anteil sei etwa bei Leiharbeit doppelt so hoch wie der Durchschnitt. "Da muss der Heilige noch dicke Bretter bohren", sagt Steger.
Wunder können dem Heiligen keine zugeschrieben werden, aber gute Taten - auch wenn er daran nicht ganz allein beteiligt war. Steger nennt etwa die Einführung des Mindestlohns. "In diesem Bereich ist Prekarius sicher keiner mehr, der laut schreien muss, aber ein Wächter." Außerdem darf der Heilige nicht nur auf die Unterstützung durch so manchen Bischof zählen, sondern auch auf den Papst, wie der CAJ-Sekretär betont. Mit seiner Umweltenzyklika "Laudato si" gebe es durch Franziskus Rückenwind. Schließlich enthalte sie auch viele soziale Aspekte.
kna
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