19.01.2015

Cottbus erhält Brandenburgs erste Synagoge nach dem Holocaust

Kirche wird zur Synagoge

Von der Schlosskirche zum jüdischen Gotteshaus: In Cottbus wird die erste Synagoge des Landes Brandenburg nach dem Holocaust eröffnet.

Die alte Synagoge in Cottbus wurde von
den Nationalsozialisten zerstört. Foto: kna-bild

Vor der Schoah hatte Cottbus eine wohlhabende jüdische Gemeinde und eine repräsentative Synagoge. Doch die Nationalsozialisten brachten fast alle Gemeindemitglieder um und zerstörten ihr Gotteshaus. Mittlerweile zählt die jüdische Gemeinde der brandenburgischen Stadt wieder über 400 Mitglieder. Ab 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, haben sie erneut auch eine Synagoge. Es ist das erste jüdische Gotteshaus, das im Land Brandenburg nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet wird. In den vergangenen Monaten entstand es aus der ehemaligen evangelischen Schlosskirche. 

Der Landesverband der jüdischen Gemeinden in Brandenburg erhielt sie von der Kirchengemeinde Sankt Nikolai für einen Preis von 582.000 Euro. Die Summe übernahm das Land und sicherte zudem eine jährliche Förderung von 50.000 Euro zu. Den Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus hatte die jüdische Gemeinde bereits seit 2008 in den lokalen Medien bekannt gemacht. Dem kamen die Protestanten im vergangenen Jahr mit dem Angebot entgegen, dafür ihre Schlosskirche zu entwidmen.

Die Kirchenbau befindet sich im historischen Zentrum von Cottbus. Er wurde vor über 300 Jahren errichtet und diente viele Jahrzehnte der evangelisch-reformierten Gemeinde für Gottesdienste. Entsprechend schlicht ist das Äußere: Ein kleiner Turm über dem Eingang ist das einzig markante Merkmal der Hallenkirche ohne Seitenschiffe, außen gelblich verputzt und innen weiß getüncht. 

Seit vergangenem Herbst erinnerte von Woche zu Woche immer weniger an eine christliche Kirche. Im Inneren wurden Altar und Kanzel entfernt, außen verschwanden auf dem Turm und vor den Eingangstüren die Kruzifixe. Im Turm wurde die Bronzeglocke abgehangen. 
 

Nicht nur Zuspruch

Ehemals die evangelische Schlosskirche,
heute die neue jüdische Synagoge für Cottbus.
Foto: kna-bild

Im September hatte Markus Dröge, der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die Kirche feierlich entwidmet. Die neue Nutzung stieß nicht bei allen auf Zuspruch, wie Ulrike Menzel, die Superintendentin des Cottbusser Kirchenkreises, berichtet: "Es gab von Anfang an Leute, die sehr starke Kritik übten, und Vorbehalte gegen die jüdische Gemeinde." Doch die Zahl der positive Stimmen überwog, wie Menzel betont. "Die Schlosskirche hat keine eigene Gemeinde mehr, und die jüdische Gemeinde hat kein eigenes Gotteshaus - das passt doch eigentlich gut zusammen." 

Dass Kirchen zu Synagogen werden, ist nichts Neues. Der Rektor des Potsdamer Abraham Geiger Kollegs, Rabbiner Walter Homolka, verweist auf Vorbilder aus den vergangenen 20 Jahren in den alten Bundesländern. Als Beispiele nennt er Oldenburg (1995), Bielefeld (2008) und zwei Mal sogar Hannover. Bereits im 18. und 19. Jahrhundert gab es entsprechende Beispiele. "Das ist vor allem wegen der Meinung interessant, solche Umwidmungen seien der Annäherung von Kirchen und Judentum nach der Schoah geschuldet", erläutert Homolka. Doch die erste katholische Kirche, die in Deutschland zur Synagoge wurde, gab es bereits 1867 in Limburg an der Lahn. 

Homolka wertet die Entwicklung in Cottbus dennoch als wichtiges Zeichen des Miteinanders und der Verbundenheit: "Wenn aus Kirchen Synagogen werden können, zeigt sich, dass sich das jüdische Leben in Deutschland zu stabilisieren beginnt und Wurzeln schlägt. Wo man Gebäude hat, da bleibt man auch."

kna