30.03.2016
In Frankfurt gibt es das „Projekt, schwul und katholisch“
„Normalität des Miteinanders“
Es ist die erste Gemeinschaft, die im deutschsprachigen Raum für Schwule und Lesben ununterbrochen Gottesdienst feiert. Der Anfang war nicht so leicht. Von Barbara Schmidt.
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Kirche ist für den Theologen Gregor Schorberger ein „Stück Heimat“. Foto: Barbara Schmidt |
Dr. Gregor Schorberger geht schon fast so lange in den Gottesdienst, den das „Projekt, schwul und katholisch“, gestaltet, wie es dieses Angebot gibt. „Da ging einfach mein Herz auf – mich zeigen zu können, meine Themen, die vorkommen“, sagt der 68-Jährige. „Meine Kirche ist für mich ein Stück Heimat, ich liebe sie unverändert“, macht der Theologe deutlich, wie sehr er katholisch geprägt und verwurzelt ist. In den üblichen Gemeindegottesdiensten fühlt er sich als schwuler Mann aber nicht gesehen und damit auch nicht angenommen. Wenn er zum Gottesdienst in die Kirche Maria Hilf im Frankfurter Gallus-Viertel geht, ist das anders. Hier werde „der Gott der Marginalisierten, der Randgruppen, der die Abgesonderten in die Mitte des Lebens holt“, in den Blick genommen.
Warum denn nicht deutlich mehr schwule Gläubige hier mitmachen, werde er oft gefragt, sagt Schorberger. Für ihn die Erklärung: „Wenn man hört, dass man bedingungslos geliebt ist von Gott, kann man nicht mehr in die Opferrolle zurück. Dann habe ich auch die Verantwortung, etwas zu tun, mich zu zeigen als Katholik.“ Das aber falle vielen schwer.
Gottesdienste in der Kirche Maria Hilf
Die Männer, die sich im Projekt engagieren, tun es dagegen seit nun 25 Jahren. Der regelmäßige Gottesdienst am Sonntagabend – zu Anfang wöchentlich, heute einmal im Monat – wird von einem Liturgiekreis vorbereitet. „Einmal im Jahr ist auch der Stadtdekan dabei“, der danach auch noch zum Gespräch bleibe, sagt Schorberger. Das entspreche der Vereinbarung mit dem Bistum Limburg, die dem „Projekt, schwul und katholisch“ seine kirchenrechtliche Grundlage gebe. Eine Form von Anerkennung, die die als „katholische schwule Gemeinde“ ursprünglich an den Start gegangene Gruppe als „Quantensprung“ einstuft.
Anerkennung in anderer Form erlebt sie auch auf Katholiken- und Kirchentagen, auf denen sie regelmäßig präsent ist. Auch beim Kreuzfest 2003 in Frankfurt war man selbstverständlich als Teil der Stadtkirche dabei. Viel Sympathie werde dem Projekt bei solchen Gelegenheiten bekundet. „Toll, dass es euch gibt“, das höre er aber auch im Bistum immer mal wieder, zumindest in Einzelgesprächen, meint Schorberger.
Dabei waren die Anfänge nicht leicht. Junge Theologen, die aufgrund ihres „Outings“ keine Anstellung in der Kirche erhalten hatten, gründeten 1991 die Gottesdienstgemeinschaft, für die sie schnell befreundete Priester als Zelebranten fanden. Einen Ort dafür zu erhalten, war deutlich schwieriger. Viele Vorurteile habe es da gegeben, sagt Schorberger. „Sie wollten nicht in eine Sonder-einrichtung, sondern bewusst in die Mitte der Kirche, in eine Gemeinde.“ In Maria Hilf fand man schließlich Verantwortliche ohne Berührungsängste. Vorurteile gab es aber auch dort. „Wir haben hier schon alle möglichen Gruppen. Und jetzt auch noch die Schwulen…“, habe ein Verwaltungsratsmitglied geseufzt. Derselbe Mann habe ein Jahr später dann dem Pfarrer gesagt: „Sie können, wenn Sie wollen, alle wegschicken. Aber die bleiben hier. Die sind die freundlichsten von allen und haben sich immer bedankt.“
Viele Veränderungen seit 25 Jahren
„Diese Normalität des Miteinanders, das ist unser Anliegen“, sagt Schorberger. Viel habe sich seit der Gründung der Gruppe da schon verändert. Noch sitze aber bei vielen schwulen oder lesbischen Gläubigen und mehr noch bei kirchlichen Mitarbeitern die Angst tief. „Die Diskriminierung, die Häme, sich nicht als Vollmensch zeigen zu dürfen“, führe dazu, dass sie sich lieber versteckten. Für das „Projekt, schwul und katholisch“ auch ein Auftrag, seine Sichtweise in den Dialog zu bringen. Die regelmäßigen Jahrestagungen wollen dazu ein Beitrag sein. Zum 25-jährigen Bestehen veranstaltet das Projekt in diesem Rahmen gemeinsam mit der Stadtkirche und dem Haus am Dom einen Thementag am 2. April unter dem Motto „Wandlungsgeschichten“ . Prominenter Gastreferent: Der Theologe und Autor Pierre Stutz.
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