18.12.2014
Jahresserie Ü 50 – mittendrin! (12) - Freunde fürs Leben
Sich verstehen ohne allzu viel Worte
Seit fast 20 Jahren sind Dr. Klaus Josten und Lothar Bauer Freunde. Sie gehören derselben Kirchengemeinde an, führen Gespräche über Gott und die Welt und haben als gemeinsames Hobby das Segeln. Von Christa Kaddar.
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Zeit für ein Gespräch beim „Italiener“: Klaus Josten (links) und Lothar Bauer. Foto: Christa Kaddar |
„Wir kennen uns, seit unsere Kinder zusammen im Kindergarten waren“, erinnert sich Lothar Bauer (58). „Zunächst haben sich unsere Frauen über den Kontakt im Kindergarten angefreundet.“ Das war 1995, als Familie Josten nach Wiesbaden-Nordenstadt zog, wo Familie Bauer schon ein paar Jahre wohnte.
Beide Ehepaare gehörten der katholischen Pfarrgemeinde Christ König an, und bald entwickelte sich eine Familienfreundschaft. Dass sich daneben auch eine „eigene“ Männerfreundschaft herausbildete, ist vermutlich Diakon Georg Kerksiek zu verdanken, der damals zu einer Männer-Segelfreizeit auf das Ijsselmeer nach Holland einlud. Für Klaus Josten (59) und Lothar Bauer, die schon Segelerfahrung mitbrachten, war die Freizeit der Impuls, diesem Hobby in gemeinsamen Segeltörns nachzugehen, meist für ein verlängertes Wochenende, seltener auch mal für eine Woche auf der Ostsee.
Jemandem voll vertrauen können
„Die Zeit, zueinander zu finden, muss gut geplant und organisiert werden, im Beruf und in der Familie. Die knappe Zeit ist immer ein Faktor“, sagt Lothar Bauer, für den die Segeltörns mit Josten immer besondere Erlebnisse sind. „Wir hatten schon Tage mit ständigen Regen oder Tage, an denen wir aus dem Hafen nicht rauskamen, weil der Sturm blies“, erinnert er sich. „Die Stimmung war in einem Tief, aber die Freundschaft wurde dadurch nicht auf die Probe gestellt.“ Für ihn ist es wesentlich, dass er sich auf seinen Freund verlassen kann und umgekehrt. Alleine würde er nicht segeln wollen, auch nicht mit jemand, dem er nicht voll vertrauen kann.
Klaus Josten betreibt das Segeln inzwischen intensiver, segelt auch alleine, mit anderen Segelpartnern und mit Gruppen. „Das Segeln ist meine Leidenschaft geworden, eine Art Lebenseinstellung“, sagt er. „Der Reiz ist für mich, aufzubrechen und mich neuen Herausforderungen zu stellen.“ Zu seinen Leidenschaften gehören auch das Motorradfahren und das Laufen. Auch Lothar Bauer hält sich sportlich fit und geht regelmäßig ins Fitness-Studio, liebt es aber auch, sich in der knappen Freizeit mit Holzarbeiten, Schreinern und Drechseln zu beschäftigen, sich mit einem Buch zurückzuziehen oder auf seinen Fahrten zur Arbeit im Auto ein Hörbuch zu hören.
„Eine Freundschaft im Fluss – ohne Besitzanspruch“
Beruflich gehen die beiden Freunde unterschiedliche Wege. Bauer ist Maschinenbauingenieur, Josten ist Facharzt für Onkologie und täglich mit todkranken Patienten in Kontakt. „Wir haben aber beide großes Verständnis für die Belange des anderen“, betont Josten.
Sie kennen ihre beruflichen und familiären Situationen, haben beide zwei Kinder, die heute zwischen 20 und 24 Jahre alt sind. „Früher haben wir viel mit den Kindern gemeinsam unternommen. Heute sind die Kinder am Studieren und stehen untereinander noch in losem Kontakt über ihre Medien“, erzählt Bauer. „Wir unternehmen noch öfter etwas zu viert, gehen mit unseren Frauen gemeinsam ins Theater, ins Kino oder besuchen ein Museum.“
Was macht die Männerfreundschaft so haltbar? „Es ist eine stetige, kontinuierliche Freundschaft ‚im Fluss‘, eine Freundschaft ohne Besitzanspruch. Mal sehen wir uns häufiger, mal seltener, denn beruflich sind wir bis zum Anschlag belastet“, antwortet Lothar Bauer.
„Wir wissen beide, was es heißt, zu funktionieren“
„Wir ticken ähnlich, sind in einer ähnlichen Zeit groß geworden, wissen, was es heißt, zu funktionieren“, antwortet Klaus Josten. „Ich kann mir vorstellen, dass Frauenfreundschaften bewegter und emotionaler sind, aber wir verstehen uns ohne allzu viele Worte, wenn wir über den Alltag, die Gartenarbeit, das Älterwerden und die Themen des Lebens reden.“
Auf „hoher See“ oder bei Treffen zu zweit geht ihnen der Gesprächsstoff nicht aus. „Was in der Welt und in der Kirche geschieht, bewegt uns.“ Der Missbrauchsskandal, die Nachrichten rund um Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst und die Zusammenlegung der kleinen Pfarreien zu einer großen Pfarrei haben sie beschäftigt. In manchen Fragen stehen sie der Kirche kritisch gegenüber.
„Spüler vom Dienst im Kirchencafé“
„Aber hochphilosophische Glaubensfragen zu diskutieren ist nicht unser Ding“, sagen sie, auch wenn Josten vor dem Medizinstudium ein paar Semester Theologie studiert hat. Bis heute ist die Kirchengemeinde Christ König der Ort, wo sie mehr oder weniger regelmäßig beim Gottesdienst zusammentreffen. „Und wir haben beide eine Aufgabe beim Kirchencafé: Wir sind die Spüler vom Dienst, weil wir die Spülmaschine bedienen können.“
„Wir sind durch das Leben hier zusammengewürfelt worden, sind Freunde geworden und geblieben“, sinniert Josten. „Ob wir Freunde fürs Leben sind, ob die Freundschaft hält, wenn einer von uns weiter wegzieht, wird man sehen.“