26.05.2016

Auf den Spuren der Friedlichen Revolution in Leipzig

Stadtrundgang beim Katholikentag 2016

Diana Stiehl war in der zehnten Klasse, als die Mauer fiel. „Bis dahin hatte ich fest daran geglaubt, in der besseren Hälfte Deutschlands zu wohnen“, sagt sie heute. Heute führt die Leipzigerin eine Gruppe Katholikentagsbesucher an einige Orte in der Innenstadt, an denen die Friedliche Revolution 1989 ihren Lauf nahm. Von Julia Hoffmann.

Diana Stiehl hinter der Glocke der Demokratie Foto: Julia Hoffmann
Diana Stiehl hinter der "Glocke der Demokratie" auf dem Augustusplatz. Foto:jul

Die Friedensgebete in der Nikolaikirche bildeten den Anfang. Doch sie begannen schon viel früher. Schon ab 1982 trafen sich dort Menschen, um gegen Militarisierung und für die Bewahrung der Schöpfung zu beten. Pfarrer Christoph Wonneberger koordinierte die Friedensgebete ab 1986. Er begann 1988 damit, Ausreisewillige einzuladen. Ein Grund war, deren Isolierung zu durchbrechen. Denn wer ausreisen wollte, verlor häufig seinen Job und auch sein soziales Umfeld. Eine Strategie des DDR-Regimes bestand darin, den Menschen Angst zu machen. Das wird bei dieser Stadtführung immer wieder deutlich. Die Menschen hatten Angst, mit jemandem in Verbindung zu stehen, der als ausreisewillig bekannt war.

Wir gehen weiter auf den Kirchhof neben der Nikolaikirche. Als immer mehr Menschen zu den Freitagsgebeten kamen, versammelten sie sich schließlich auf diesem Platz neben der Kirche. Die Geschichte nahm ihren Lauf, und als am 25. September mehr als 5000 Menschen im Kirchhof standen, entwickelte sich daraus ein Marsch zum damaligen Karl-Marx-Platz, heute Augustusplatz genannt. Diesen Weg nimmt auch die Gruppe.

Der nächste Halt ist die Glocke der Demokratie, im Volksmund: „Ei der Demokratie“. Eines der vielen kleineren Denkmäler in der Leipziger Innenstadt, die an die Revolution erinnern. Diana Stiehl zeigt Fotos von damals herum. Während wir dort stehen und Stiehl von damals erzählt, kann ich geradezu hören, wie die Menschen immer lauter rufen: „Wir sind das Volk!“

Nach zwei weiteren Zwischenstationen am Markt und an der Thomaskirche ist die letzte Station das Museum „Runde Ecke“. In diesem Gebäude war früher das Ministerium für Staatssicherheit untergebracht. Am 4. Dezember erreichte eine Demonstration mit 20.000 Menschen diesen Ort. Zuvor gelang es etwa 30 Menschen, das streng bewachte Gebäude zu betreten. Sie gingen auf den Balkon, der im ersten Stock zur Straße zeigt und verkündeten mit Megaphonen den sich nähernden Demonstranten, dass die Stasi sie bereits hereingelassen hatte. Heute ist in dem Gebäude die Gedenkstätte „Museum in der ‚Runden Ecke‘“ untergebracht, das aus einem Museum und einem ehemaligen Stasi-Bunker besteht. Träger ist der Verein Bürgerkomitee.  

Diana Stiehl gehört dem Bürgerkomitee an. Sie hat nach der Wende Kulturwissenschaft studiert und lebt in Leipzig. Die Friedliche Revolution ist und bleibt ein wichtiges Thema für sie. Eines, dass sie sehr lebendig vermittelt.

Infos: www.runde-ecke-leipzig.de