06.02.2015

Jahresserie FrauenStärken (1) - Schönheit

Von Aussehen und Ansehen

Die Schönheit der Frauen im Kloster suchen? Ja, das war eine gute Idee. Schwester Ursula Hertewich, Seelsorgerin im „Wellness-Kloster“ Arenberg, verrät, wie wichtig Ansehen ist, warum Sophia Loren recht hatte und was das beliebteste Schönheitsmittel der Schwestern in Arenberg ist. Von Ruth Lehnen.

 

Schwester Ursula Foto: Joanna Vortmann
„Ein schönes Thema“ ist Schönheit für Schwester
Ursula. Foto: Joanna Vortmann

Schwester Ursula hat eine gute Nachricht: „Ein Mensch kann an Strahlkraft zunehmen.“ Das heißt: Er kann mit zunehmendem Alter noch immer schöner werden. Und das heißt: All die Erzählungen von Abbau und Alterung, von Falten und Fettwerden, von Verfall, all das, was viele Frauen quält, ist nach Ansicht der Dominikanerin vom Kloster Arenberg „großer Quatsch“.
„Da ist was faul da draußen!“ sagt die Ordensfrau. Und auch weil da was faul ist, kommen immer mehr Frauen in der Lebensmitte ins „Wellness-Kloster“ Arenberg. Sie genießen die Stille, das gute Essen, die Natur rundum, sie stehen früh auf, um vor Sonnenaufgang Tau zu treten, sie gehen schwimmen im hauseigenen Schwimmbad, und im Vitalzentrum erhalten sie Massagen und andere Anwendungen.

„Ich sehe, wie sie aufblühen: Das ist schön anzuschauen.“

Am meisten aber genießen sie, dass sie sich „hier mal lassen können“, wie Schwester Ursula sagt. Dass sie in morgendlichen Impulsen, in seelsorglichen Gesprächen und ganz allgemein in der Atmosphäre des Hauses spüren, dass sie angenommen sind. Dass sie so sein dürfen, wie sie sind. „Das bewirkt ganz viel,“, sagt die 39 Jahre alte Seelsorgerin, die vor ihrem Eintritt ins Kloster Apothekerin war. „Es gibt viele, die hier sehr belastet hinkommen, und ich sehe dann, wie sie aufblühen. Das ist schön anzuschauen.“

Schönheit der Frauen – früher einmal galt sie als Geschenk, von dem manche Frauen mehr, manche weniger abbekommen haben. Heute gilt Schönheit als machbar. Und von den Frauen wird sie wie eine Leistung eingefordert. Falten? Wohl keine gute Creme benutzt! Nicht gertenschlank? Wohl keinen Sport betrieben! Graue Haare? Das muss doch nicht sein! Brille? Dafür gibt es heute Laser!

Wer aus diesem „Draußen“ kommt, spürt im Kloster Arenberg auf einmal einen veränderten Blick. Einen Blick der Liebe und Annahme, einen Blick, der Auswirkungen hat. Auch Schwester Ursula gibt zu: Manchem „nervigen Gast“ diese Liebe und Annahme zu schenken, ist nicht immer einfach. Aber wenn es gelingt, passiert etwas: Verhärtete Gesichtszüge lösen sich, Frauen können wieder schlafen, die Körperhaltung strafft sich, jemand kann wieder lachen: „Lachende Menschen finde ich immer schön!“, sagt Schwester Ursula.

In der Bibel stehe, zum Beispiel im Hohen Lied der Liebe: Du bist schön! Nicht: Du musst dich schönmachen, sondern: Du bist schön! Sie sieht es so: Schönheit ist ein Geschenk, das jedem zuteil wird. Schönheit, die Frauen hervorheben dürfen und sollen, die Freude macht. Zum Beispiel dem Geliebten. „Aber nicht, damit er mich liebt, pflege ich mich und lasse mir was angedeihen, sondern weil er mich liebt.“ Und weil auch Gott, der Schöpfer des Schönen, die Menschen liebt,  „möchte ich ihm mein schönstes Gesicht zeigen.“

Ein solches Verständnis der Schönheit ist meilenweit entfernt  von einem Schönheitsideal, dem die Dominikanerin sehr häufig begegnet: Sie nennt das „kalte Schönheit“. So sei es oft bei jungen Mädchen: „Da sehen alle aus wie geklont. – Das ist todlangweilig.“

So einfach ist des Schönheitsrätsels Lösung

Frau bekommt Kopfmassage © Kzenon - Fotolia.com
Sich pflegen, ja. Sich entspannen, ja. Aber keine Maske
der Welt wird Schönheit hervorbringen, wenn Frauen den
Blick für die eigene Schönheit und die Schönheit um sich
herum verlieren. Foto: © Kzenon - Fotolia.com

Wer ist für sie schön? Zum Beispiel eine Hundertjährige, die kürzlich in Arenberg Geburtstag gefeiert hat. „Vor ihr könnte ich stundenlang sitzen und mich ergötzen“, schwärmt die Ordensfrau. Sie nennt die Hände einer Mitschwester schön, die viele Jahre ihres Lebens in Bolivien verbracht und hart körperlich gearbeitet hat. „Ich finde deren verkrüppelte Hände schön, weil da so viel Liebe drinsteckt. Das hat für mich eine hohe Anziehungskraft.“ Und sie zitiert Sophia Loren: „Das, was wir lieben, bestimmt, was schön ist!“ Ein Mensch wird schön in der Liebe. So einfach ist des Schönheitsrätsels Lösung, wenn man Schwester Ursula glauben darf.

Äußerlich, so ermutigt die Seelsorgerin die Frauen, die zu ihr kommen, können sich die Menschen der Zeit überlassen, natürlich sich pflegen, sich Gutes tun, aber ohne Stress. Wichtiger sei der Blick auf das Innere. So wie die Seelsorger im Kloster Arenberg sich um einen liebenden Blick auf die Menschen bemühen, die zu ihnen kommen, so und noch viel mehr sei Gottes liebender Blick. Bei Gott, sagt Schwester Ursula, haben alle ein Ansehen, und Gottes liebenden Blick wirken zu lassen, seine Liebe anzunehmen, bewirke innere Schönheit. „Wenn ich das geschehen lasse, werde ich von innen heraus schön. Gott wird mich schön machen.“

Jenseits der Eitelkeit – aber graues Haar nervt trotzdem

Und hier ist ihr Beweis: „Wir haben viele schöne Frauen im Kloster!“ Und das bei einem Durchschnittsalter von 78 Jahren, ohne Mode, ohne Schminke, und mit einem minimalen Aufwand für Pflegeprodukte, die en gros im Drogeriemarkt gekauft werden.  Die meisten Schwestern nähmen Nivea-Creme, verrät Schwester Ursula. Und mit einem Lachen gibt sie zu, dass sie trotz besseren Wissens manchmal von ihren grauen Haaren genervt ist: graue Haare mit 39! Aber Haarefärben ist für sie tabu: „Das ist auch ein Zeugnis für die Welt, ohne das alles zu leben!“

Ein Zeugnis für die vielen verletzten Frauen, die von ihren Männern verlassenen Frauen – es werden mehr, meint Schwester Ursula – „wie gemalt schöne Frauen, denen gesagt wurde, sie seien nicht mehr attraktiv“. Denen rät sie  manchmal, das Gesicht „hart zu machen wie einen Kiesel“, wie es bei Jesaja steht, sich nicht mehr weiter verletzen zu lassen.

Außerhalb der Klostermauern erinnert die Ordensfrau manches an ein Haifischbecken. Nicht nur in Sachen Schönheit laufe „da draußen“ einiges falsch: Dass Menschen sich selbst nicht annehmen können, dass Menschen wegen körperlicher Merkmale ausgesondert werden, das sieht sie als Trennung vom Schöpfer. Viele Menschen hätten keinen liebenden, sondern einen verachtenden und verurteilenden Blick und sehen nur noch den äußeren Schein. Dafür wählt Schwester Ursula ein altmodisches Wort. Sie nennt es Verblendung.

Kloster Arenberg
Cherubine-Willimann-Weg 1
56077 Koblenz
Telefon: 0261/ 64010
Im Internet:
www.kloster-arenberg.de