02.11.2016
200 Menschen aus allen Generationen aktiv – Pfarrgemeinde fördert das Projekt
Wenn das Leben wegrennt
„Ist das die Liebe, die es nur im Märchen gibt?“, fragen sich zwei, die sich zueinander hingezogen fühlen. Wie ein roter Faden zieht sich ihre tragische Liebe im Zeitalter der industriellen Revolution durch das Musical „Eisgang – die Liebe hat keine Zeit“. Es wird am 5. und 6. November in Nackenheim erstmals aufgeführt. Von Nicole Weisheit-Zenz.
![]() |
Fremdheit überwinden: Das spielt eine zentrale Rolle in dem Singspiel „Der Lembeseppel kimmt“, das die Kinder- und Jugendschola St. Gereon vor dem Musical aufführt. Rechts im Bild: Mathias Gall mit Gitarre und Mathias Reinhard am Bass. Foto: Nicole Weisheit-Zenz |
Herzklopfen werden bei der Uraufführung in der Carl-Zuckmayer-Halle sicher nicht nur die zwei Hauptpersonen haben, sondern auch 200 weitere Ehrenamtliche vor und hinter den Kulissen.
In der Organisation des Projekts laufen viele Fäden bei Renate und Erich Michael Lang zusammen, mit Blick auf Idee, Musik, Regie und Koordination. Lang hat die Texte für das Stück geschrieben, dessen regionaler Bezug den besonderen Reiz ausmacht: Nackenheim liegt am Rhein, wo früher Schiffsmühlen die Kraft des Stromes nutzten. Was der technische Fortschritt für die Rheinmüller bedeutete, spielt eine wesentliche Rolle im Musical.
Wurzeln in der Kinder- und Jugendarbeit der Pfarrei
Zur Identifikation mit dem Ort trägt auch bei, dass so viele ihre Talente einbringen und – zum Teil schon seit Jahren – zum Gelingen des Vorhabens beitragen. Mathias Gall, der sich seit langem mit der Nackenheimer Gemeinde verbunden fühlt, hat die Musik komponiert. Hervorgegangen ist die Musicalgruppe aus der Kinder- und Jugendschola der Pfarrgemeinde St. Gereon. „Aus Singspielen wurden im Laufe der Jahre eigene Musical-Produktionen, gefeiert von jeweils mehr als 1000 Gästen“, erinnert sich Renate Lang.
Nach wie vor sind die Verbindungen zur Pfarrei eng. So unterstützt diese auf Beschluss des Pfarrgemeinderats das Musical-Projekt finanziell und stellt ihre Räume zur Vorbereitung und zum Proben zur Verfügung. Für die aktuelle Produktion wurde zudem der gemeinnützige Verein „arTifex 486 Bühnenkunst“ gegründet, der das Projekt mit der Kinder- und Jugendschola stemmt. Zur Einstimmung führen die Jüngeren das Singspiel „Der Lumbeseppel kimmt“ auf, bevor Jugendliche und Erwachsene bei „Eisgang“ gemeinsam auf der Bühne stehen.
Nicht nur Musiktalente sind gefragt
![]() |
Viele Proben haben die Mitwirkenden zu absolvieren, bis die Aufführung „steht“. Ob die intensive Vorbereitung das Lampenfieber vor dem Auftritt verhindern kann? Dafür gibt es keine Garantie. Fotos: Nicole Weisheit-Zenz |
„Aktive aus allen Generationen wirken mit, viele kennen einander schon von klein auf“, erzählen die Langs. An ihren Augen lässt sich das wunderbare Gefühl ablesen, Teil eines großen Ganzen zu sein.
Auch wer nicht als Schauspieler oder Sänger agiert, hat viele Möglichkeiten, sein Wissen und Können einzubringen – ob es darum geht, Kostüme und Requisiten zusammenzustellen, Kulissen zu bauen, die Halle oder das Catering vorzubereiten. Dass sich alle im Team wohlfühlen, ist Renate und Erich Michael Lang wichtig. So gibt es bei den Proben immer reichlich Vitamine, damit in der kalten Jahreszeit alle Akteure fit bleiben. Renate Lang bringt säckeweise Obst mit, zudem gibt es Tee und in den Pausen Süßes – und natürlich sehr viel Lob für alle.
Der Gesang der Zigeunerin – passend zum damaligen Sprachgebrauch – bildet den Auftakt. Angelica Curto, die die Rolle spielt, wäre die Bezeichnung „Wahrsagerin“ lieber gewesen. Sie kommt aus Italien und hat nun am Rhein eine zweite Heimat gefunden.Als Fremde nimmt die „Zigeunerin“ kein Blatt vor den Mund und singt ihren Unmut über ewiges Eis und Einsamkeit frei heraus. Zwei Männer stehen sich in jeglicher Hinsicht gegenüber: Rheinmüller Achim Kilb (Roland Moser), der allen Widerständen zum Trotz für den Erhalt seiner Mühle kämpft, und Dampfmüller Georg Mattenstein (Reinhold Ruppert), der sich den technischen Fortschritt forsch zunutze macht. Seine Frau Amilie (Christine Hassemer) durchlebt Gefühle zwischen Hoffen und Verzweifeln. Zusätzlich sorgt der Wassergeist Hoogelmann (Rainer Bastian) für Spannung.
„Zentrale Motive, die sich um Vergänglichkeit und Tod drehen, können Nachdenklichkeit erzeugen über eigene Wertvorstellungen und Pläne“, finden die Musicalmacher. Denn neben der tragischen Liebesgeschichte geht es darum, wie binnen kurzer Zeit einige Branchen und Berufe ausgestorben sind. Ein Schicksal, von dem auch ein Händler mit Bauchladen singt: „Es Lewe rennt weg.“
Ob sie im Rhein oder in der Soße schwimmen
Aufgelockert wird alles durch eine humorvolle Nebenhandlung um das Verschwinden von Enten: „Schwimmen sie noch im Rhein oder in Bratensoße?“, fragt man sich im Wirtshaus. Nicht nur dort wird kräftig angestoßen: Nach den Aufführungen hat auch die Musicaltruppe allen Grund, das gemeinsam Geleistete zu Feiern.
Aufführungen am Samstag, den 5. November, um 19 Uhr und am Sonntag, den 6. November, um 17 Uhr in der Carl-Zuckmayer-Halle Nackenheim. Zur Einstimmung gibt es Einblicke ins Dorfleben im 19. Jahrhundert, auch eine Weinpräsentation und das Singspiel „Der Lumbeseppel kimmt“ gehören zum Vorprogramm (Samstag 16.30 Uhr, Sonntag 14.30 Uhr). Weitere Info und restliche Karten im Internet: www.eisgang-musical.info