16.11.2021

Ein Arboretum in Rüdesheim geplant

"Grünes Band der Hildegard"

Ein Hildegard-Arboretum, eine Sammlung mit 60 Baumarten und Sträuchern, die Hildegard von Bingen in ihrem Werk „Physica“ erwähnt hat, plant der neu eingetragene „Förderverein Altes Hildegardiskloster Eibingen und Umfeld“. Eine Machbarkeitsstudie wurde gerade in Auftrag gegeben.


Schatzmeister Dietmar Mayer, Schriftführerin Petra Lauter und Vorsitzende Dr. Myriam Stenger, die ihre Tochter mitgebracht hat, stellen das Gelände rund um das Alte Hildegardiskloster vor; im Hintergrund ein Feigenbaum, der auch in Hildegards „Physica“ erwähnt wird.


„Wir wollen das Bewusstsein wecken für das von der Öffentlichkeit vergessene alte Kloster, das sich inmitten des Ortskerns von Eibingen befindet. Hier soll ein Erlebnis- und Naherholungsgebiet, aber auch ein Ort der Ruhe und Entspannung entstehen“, sagt Dietmar Mayer, Jurist und Schatzmeister des Fördervereins. Die beiden anderen Hauptakteurinnen, die sich mit ihm ehrenamtlich engagieren, sind die Gartenbauökonomin Dr. Myriam Stenger als Vorsitzende und die Landschaftsökologin Petra Lauter als Schriftführerin. Das Trio, das auf Nachhaltigkeit und klimatische Wertigkeit achtet, hat eine Vorplanung gemacht, an der die Gemeinde Heilig Kreuz Rheingau und die Stadt Rüdesheim beteiligt sind, denn der angrenzende städtische Friedhof in Eibingen ist ein wesentlicher Teil des Projekts, ebenso der „Pilgerplatz“ zwischen der Wallfahrtskirche und dem Vereinshaus Eibingen. Wie ein „grünes Band der Hildegard“ soll das Arboretum die Wallfahrtskirche mitten im Ortskern von Eibingen – unter Einbeziehung des Gartens, des Friedhofs und des Vorplatzes der Kirche – mit der in den Weinbergen  gelegenen  heutigen  Abtei St. Hildegard verbinden.

Hildegardis-Brünnlein wieder reaktivieren

Die Bäume und Sträucher von Garten, Weinberg und Friedhof sollen in das zukünftige Arboretum integriert werden. „Wir haben bereits 15 Arten rund um das alte Kloster bis zur neuen Abtei identifiziert“, erklärt Myriam Stenger. „Auch den Weinstock hat Hildegard zu den Bäumen gezählt“, erklärt Petra Lauter, „und sie nennt in ihrem ‚Buch der Bäume‘ auch viele Sträucher.“ Zu den von ihr genannten Arten sind im Garten bereits ein großer Feigenbaum, Apfelbäume, Holunder und die Wilde Rose vorhanden. Zukünftig gepflanzt werden sollen beispielsweise Kastanien-, Mandel- und Maulbeerbäume, Speierling und seltene Baum- und Straucharten wie Sadebaum, Pfaffenhütchen, Kornelkirsche, Traubenkirsche, Besenginster, Schlehendorn und Gichtbaum. Angedacht ist ebenfalls, das „Hildegardis-Brünnlein“ wieder zu reaktivieren, möglichst dort, wo sich das Brunnenhaus des alten Hildegardisklosters befand.
Auf dem Friedhof stehen Birken, Eiben, Wacholder, Zypressen, Esche, Espe und drei große Pappeln, die Hildegard ebenfalls in der „Physica“ nennt. „Hier stehen auch Bäume und Sträucher, die sie nicht nennt; die werden wir natürlich nicht entfernen“, versichert das Vorstandstrio, das den Friedhof als „ungemütlich“ bezeichnet. Dessen Vernachlässigung wollen sie entgegenwirken. Viele Nischen sind noch frei für Bepflanzungen und auch mehr Bänke für Begegnungen sollen aufgestellt werden. Die Bäume sollen beschriftet und mit QR-Codes versehen werden, um erfahren zu können, wie dienlich Bäume und Sträucher für Hildegard bei botanischen Betrachtungen und ihrer Medizin waren.
Unschön wirkt auch der Parkplatz zwischen Kirche und Vereinshaus, der beim Hildegardisfest als großer Pilgerplatz dient. „Wenn man auf diesem Platz steht, hat man nicht den Eindruck in eine alte Klosteranlage zu kommen“, sagt Myriam Stenger. Der Parkplatz soll als Teil des Arboretums neu gestaltet, bepflanzt und damit auch beschattet werden.

Attraktivität der alten Klosteranlage steigern

Die Stadt Rüdesheim hat einen Auftrag für eine Machbarkeitsstudie an die Landschaftsarchitekten Bittkau-Bartfelder in Wiesbaden erteilt. Sie sollen sich mit den alten vorhandenen Plänen und den Behörden auseinandersetzen. Wenn alles gut läuft, kann mit der Studie im ersten Quartal 2022 gerechnet werden.
Die spätere Umsetzung des Projekts könnte ein Beitrag zur Bundesgartenschau im Mittelrheintal im Jahr 2029 werden und die Attraktivität der Klosteranlage steigern. Immerhin kamen vor der Corona-Zeit rund 6000 Pilgerinnen und Pilger jährlich in die Wallfahrtskirche, die Gläubigen beim Hildegardisfest nicht mitgerechnet. Dazu treffen immer mehr Wanderer ein, die auf dem Klostersteig, dem Rüdesheimer Hildegardweg oder dem Rheinsteig unterwegs sind und die Grabeskirche der heiligen Hildegard besuchen.

Von Christa Kaddar