05.07.2017
Sommerserie 2017 – Folge 2
Die letzten Pfarrgärtner
Schöpfung und Beziehungen im Mittelpunkt: In unserer Sommerserie stellen wir Ihnen sechs Wochen lang Gemeinschaftsgärten vor. Folge 2: „Schöner Pfarrgarten“ in Biblis-Wattenheim. Trotz mangelndem Nachwuchs lässt die Garten-Gruppe sich nicht beirren. Von Sara Mierzwa.
Zehn Jahre wollte ich das machen, aber vielleicht geht es auch noch länger“, sagt Walter Lauseker. Acht Jahre gibt es nun schon das Projekt „Schöner Pfarrgarten“ neben der St. Christophorus-Kirche in Biblis-Wattenheim. Früher waren bis zu 16 Leute im Gartenteam. Einige sind bereits gestorben. Jetzt helfen noch halb so viele bei den vierteljährlichen Gartentagen mit. Es fehlt Nachwuchs im Gartenteam – in der Pfarrgemeinde auch. Die einzige junge Gärtnerin ist Isabell Bopp, die 15-jährige Enkelin von Walter Lauseker. Sie hört Musik während sie Unkraut zupft.
Viele Unterstützer für den wachsenden Garten
Die geschrumpfte Gruppe pflegt den Garten soweit es geht. „Ansonsten würde das keiner tun, und der Pfarrgarten würde verwildern“, sagt Dietmar Seib. Er ist gelernter Zierpflanzengärtner und bepflanzt die Kübel im Garten mit Fuchsien und Tagetes – alle selbst aus Samenkörnern gezogen. Stolz führt er Gäste durch den Garten und zeigt ihnen Besonderheiten wie den schwarzen Holunderstrauch oder den Schlafbaum, der nachts seine Blätter zusammenfaltet. Bald werden die Besucher auch ohne Führung die Namen der Pflanzen wissen: 18 Schilder wurden bestellt, auf denen dann der lateinische und deutsche Namen der Pflanzen stehen wird: Juglans regia ist die Walnuss oder Syringa vulgaris heißt der gemeine Flieder. 300 Euro für die Schilder hat die Raiffeisenbank im Ort gespendet. Wenn Dinge für den Garten angeschafft werden, dann wird die Kollekte dafür genommen oder es werden Sponsoren gesucht. Walter Lauseker spricht Leute gezielt an. Nur so funktioniert es mit dem nächsten kleinen Schritt. Ganz neu in diesem Jahr sind große Steine, die von dem Steinmetz Erich Rettig gespendet wurden. Mit zwei anderen Männern aus der Gruppe gräbt Lauseker die Steine tief in die Erde hin-
ein, damit sie nicht umfallen.
Umweltpreis 2016 am „Tag der Schöpfung“
Foto: Sara MIerzwa
Währenddessen schneiden zwei Frauen Bäume und Sträucher oder zupfen Unkraut. Carolina Aberle ist mit 74 Jahren die Älteste der Gruppe. Sie macht mit, weil sie gerne an der frischen Luft ist und sich mit den anderen zum Thema Garten austauschen kann. Für Roswitha Lauseker ist die Gartenarbeit „wie ein Gottesdienst“. 2016 hat die Gruppe den vierten Platz des Umweltpreises vom Bistum Mainz gewonnen. Die 500 Euro Preisgeld wurden als Reserve für Pflanzen verwendet. Von der Gemeinde wird der Garten selten genutzt. „Seit wir keinen eigenen Pfarrer mehr haben, ist das Gemeindeleben etwas eingeschlafen“, sagt Roswitha Lauseker. Es gibt weder Kindergruppe noch Pfarrgemeinderat. Die Erstkommunion findet in der Nachbargemeinde in Biblis statt. Früher gab es Pfarrfeste im Garten. Heute nutzt ihn oft die Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan, die im Pfarrhaus lebt, zum Picknicken und Spielen für die Kinder. Darüber freut sich Roswitha Lauseker. Früher hat die KAB Singabende mit Lagerfeuer im Garten gemacht. Heute nicht mehr. Wenn die Gottesdienstbesucher durch den Garten zur Kirche laufen, dann freuen sich viele und loben die Arbeit der Garten-Gruppe. „Das ist wie über einen roten Teppich zu gehen“, erzählt Carolina Aberle. Der „rote Teppich“ war viel Arbeit: 1300 ehrenamtliche Arbeitsstunden waren es seit Projektbeginn. Walter Lauseker notiert sich genau wie lange und oft das Garten-Team arbeitet. Mit dem Garten hat die Gruppe ein kleines Projekt geschaffen, bei dem sie Gemeinschaft und Schöpfung pflegen: Das Gießwasser ist Regenwasser aus der Tonne. Im Insektenhotel leben Bienen und Käfer. Beim Bau haben die Firmlinge mitgeholfen – kleine Schritte für eine wieder lebendigere Gemeinde. „Ich will konkret etwas machen und nicht nur Missstände beklagen“, sagt Stephanie Dorner.
Kontakt: w.k.lauseker@t-online.de [1]
Weitere Bilder finden Sie in unserer Fotogalerie: www.kirchenzeitung.de/content/schoener-pfarrgarten-wattenheim [2]