16.02.2023

Pfarrei-Fastnacht im Bistum Mainz

Speedsitzung und Herrenballett mit Pfarrer

Ist die Pfarrei-Fastnacht noch aktuell? Wie Kirchengemeinden im Bistum die närrische Zeit nach Corona (neu) gestalten und was die Fastnachter bewegt: eine Umfrage in Altenstadt, Mainz-Weisenau, Gießen und Pfungstadt. Von Theresa Breinlich


Fastnachtssitzung der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Mainz-Weisenau, diesmal als Speed-Sitzung, in drei statt sechseinhalb Stunden.


Die Aktiven der Pfarrei St. Andreas in Altenstadt möchten „Freude in die Welt tragen“, erklärt Organisationsleiter Christopher Faust. Und so erschallt wieder der Narhalla-Marsch im Begegnungszentrum von St. Andreas in Altenstadt. Letztes Jahr hätten sie eine geplante Veranstaltung wegen des Beginns des Kriegs in der Ukraine abgesagt. Als die Vorbereitungen für diese Kampagne begannen, hatten sie zunächst wieder Bedenken. Doch letztlich haben sie sich für die Feier entschieden. Das Motto lautet: »Kommt herbei, macht alle mit bei St. Andreas in de Bütt«. Die Feiernden freut es. Der Kartenverkauf für die 140 Plätze läuft sehr gut. Auch für Bühnenauftritte hätten sich viele gemeldet.  30 Aktive machen mit. Unterstützung bekommen sie von einem befreundeten Faschingsverein. Es ist eine moderierte Veranstaltung mit Tanz und Musik, Musikacts, Sketch- und Schauspielgruppen, die auch ein jüngeres Publikum ansprechen sollen. Bei den Rednern sind der Ukrainekrieg, Gasknappheit und Lokalpolitik Thema. Auch der Pastorale Weg und wie die Gemeinde damit umgeht, kommt zur Sprache. „Es gibt zwei Strömungen. Es gibt die, die gelassen bleiben und meinen, es bleibt eh alles wie es ist. Und die anderen, die fürchten, alles aufgeben zu müssen. Die beiden Positionen treibe ich ein wenig auf die Spitze“, erzählt Faust.

„Helau“, hallt es durch das Gemeindehaus der Pfarrei Mariä Himmelfahrt in Mainz-Weisenau. Auch sie hat sich für das Feiern entschieden. Die Fastnachts-AG hat das erste Mal seit vielen Jahren wieder einen Kindermaskenball und eine Sitzung geplant. Das Motto: „Alles unner ääner Kapp“. Für beide Veranstaltungen war die Nachfrage sehr gut. „Nach zwei Jahren Verzicht wollten wir mal wieder was für uns tun“, erklärt Michael Ebert, Leiter der AG. Diese hat sich für die diesjährige Kampagne neu zusammengesetzt und startet mit einer neuen Idee. Die sogenannte Speed-Sitzung haben sie auf drei Stunden verkürzt. Die Zeit für jeden Redebeitrag ist genau festgelegt. „Sechseinhalb Stunden Sitzung ist nicht mehr zeitgemäß. Zu uns kommen auch viele Senioren. Für die ist es so besser“, erklärt Ebert. Es gibt eine Band. Ebert singt selbst. Die Messdiener bringen sich ein. Kokolores und ernstere Vorträge, die auch zur Sprache bringen, was die Pfarrei bewegt, sollen das Publikum begeistern.

Bei St. Thomas Morus in Gießen stand ein Jubiläum an. Das Motto lautete: „Durch die ganze Narrenwelt erschallt, FiT wird zwei Mal elf Jahre alt.“ Tanz, Gesang, Kokolores und Redebeiträge zu Lokal- und Weltpolitik sorgten für gute Stimmung im Gemeindesaal. Ein „Hermes-Bote“, „Sternsinger“ und ein „Türmer“ hatten ihren Auftritt. „Es war ein buntes Programm in vertrauter Gesellschaft. An sich sind alle froh, dass man sich endlich wieder treffen kann zu gemeinsamen Veranstaltungen“, erklärt Pastoralreferentin Carola Daniel, Koordinatorin im Pastoralraum Gießen-Stadt. St. Albertus organisiert ein Kreppelcafé mit Programm, zu dem auch das Gießener Prinzenpaar kommen wird. St. Bonifatius, das bisher die größte katholische Sitzung in der Stadt organisierte, hat die Veranstaltung diesmal abgesagt. Es fehlt ihnen an finanziellen und personellen Möglichkeiten. Ob sich die Anmietung eines großen Saals rechnen würde, war nicht klar, da unsicher war, ob das Publikum nach der Pause zurückkommen wird. Die Ehrenamtlichen entschieden, sich auf ihre notwendigsten Aufgaben zu konzentrieren.

Sie hatten nach der Corona-Pause lange überlegt, ob sie nochmal starten sollen. Doch jetzt am Faschingssamstag steigt in der Sport- und Kulturhalle in Pfungstadt die große Sitzung der Pfarrei St. Antonius mit dem Motto „Närrische Märchenstunde“.  „Wir waren nicht sicher, ob wir den Saal füllen können. Es ist für uns ein großes finanzielles Risiko. Wenn wir Verluste machen, muss die Gemeinde dafür einstehen“, erklärt Markus Patzelt vom Elferrat.
Im November, als abzusehen war, dass es keine Beschränkungen mehr geben wird, entschieden sie sich, mit den Planungen zu beginnen. Die Fastnachter bringen Theatergruppen, Tanzgruppen, ein Herrenballett, bei dem auch Pfarrer Christoph Nowak dabei ist, eine eigene Musikgruppe und Büttenredner auf die Bühne. Auch der Nachwuchs engagiert sich. Die Vorträge werden sich um das nationale und regionale Geschehen drehen, wie den anstehenden Hessentag, den Schwimmbadneubau oder die Schließung der Pfungstädter Brauerei.
Die Planungen seien eher schwierig gewesen, berichtet Patzelt. Die Garde-Tanzgruppe sei nach der Corona-Pause zahlenmäßig halbiert. Es sei ebenfalls nicht so einfach, Ehrenamtliche zu finden, die mithelfen. Auch der Kartenverkauf verläuft eher zäh. Mehr als die Hälfte der 380 Tickets sind bisher vergeben. Auch wenn sie hoffen, dass sich viele spontan noch welche an der Abendkasse kaufen, rechnen die Pfungstädter mit weniger Besuchern als vor drei Jahren. „Ich habe den Eindruck, dass sich die Leute überlegen, wo sie ihr Geld ausgeben. Auch wenn bei uns die Getränke eher günstig sind, muss man sich so einen Abend leisten können“, denkt Patzelt.

Von Theresa Breinlich